...Dasein
 

Mein Hexendasein beginnt an einem stürmischen 3. Oktober 1980 im Zeichen der eigentlich ausgeglichenen Waage, als Schwester eines 4 Jahre älteren Bruders irgendwo in der Steiermark.  Sogleich werde ich im südlichsten Burgenland stationiert um dort meine Hexenarbeit sobald als möglich aufzunehmen. Die darauf folgenden Jährchen verlaufen eher unspektakulär, nun mal abgesehen davon, dass ich mit 3 1/2 meine erste Ballettstunde absolviere und dem edlen Gehopse 8 Jahre lang treu bleibe, und von 6-12 Klavierunterricht erteilt bekomme.

Als Püppchen im Gasthof meiner Mutter entdecken die Gäste schon bald dass sie nicht einen vollwertigen, schützenswerten und vor allem kleinen Menschen vor sich haben SONDERN ein kleines Lustobjekt . Gegrabsche und dreckige Worte, die im Laufe der Jahre an mir haften bleiben, gehören bald zum Alltag, aber man DARF ja nichts sagen, es sind doch GÄSTE, zum Wehren bin ich einfach zu schwach... Nur einmal droht meine Oma, eine äußerst resolute kleine Wirtin, einem Gast an, ihm erstens eine Reinzuwürgen und ihm dann mit Rausschmiss, wenn er mich noch mal anfassen sollte. In dieser Zeit kommt es zu einem doch ziemlich derben Übergriff eines betrunkenen Gastes.

Seit ich denken kann hab ich Angst vor dem Tod eines Familienmitgliedes, und diese Zukunftsphobie wird im Laufe der Zeit zu einer kindlichen Depression, und dem innigen Wunsch, bei Eintritt eines Todes selbst sterben zu wollen und irgendwann zu der fixen Idee, definitiv mit 18 Suizid zu begehen um rechtzeitig dem Schmerz zu entfliehen.

Es folgen unzählige Jahre Schule, Schule und noch mal Schule. Die 4 Jahre Volksschule sind eine Wonne (nur Einsen), die darauf folgenden 4 Jahre Hauptschule auch noch ein ziemlicher Genuss (zwar nicht mehr ausschließlich Einsen, aber einen Abschluss mit Ausgezeichnetem Zeugnis).

Es ist auch die Zeit, in der ich zu meinem Pflegeisländer Kolga (isl.: Die Kälte) komme, mit dem ich letztendlich alles machen kann was ich will, da die Besitzer kaum da sind, und wenn, kaum Interesse am Pferd zeigen.  6 Jahre lang kämpfen der Sturkopf und mein Dickschädel miteinander bis wir endlich harmonieren (oder nennen wir es beidseitiges mit Zähneknirschen auf Kompromisse eingehen). Im letzten Jahr kommt noch Fronie, eine Ziege, hinzu, die wie ein Hund beim Ausreiten nebenher trabt und immer für Aufsehen sorgt.

Zu der Zeit entwickle ich auch meine Naturverbundenheit, verbringe ich doch mehr Zeit im Wald als zu Hause, um meinem Hobby, der Ornithologie, zu frönen, um zu fotografieren und um tote Tiere ausfindig zu machen, deren Knochen ich sammle, was bei meinen Mitschülern lediglich zu Abscheu und Kopfschütteln führt und auch zu einem gewissen Abstand zu der verrückten Hexe.

Den Titel des Sumpfhexchens bekomm ich nicht ganz ohne Grund :o) Außerdem hab ich ohnehin nicht viel zu bieten, was typisch weiblich wäre, wie Schuh- oder Klamottenfimmel, von Schminke ganz zu schweigen. Wer fängt den Vogel der beim Klassenzimmerfenster reingeflattert kommt, während die halbe Klasse hysterisch kreischend unter den Bänken liegt? - Die BIM!

1996 stirbt meine Oma und meine Depressionen beginnen angesichts des nun reell eingetretenen Todes Form anzunehmen. Noch kann ich meine Maske wahren. Es kommt erneut zu einem sexuellen Übergriff eines Dorfbewohners.

Dann kommen nochmals 4 Jahre Oberstufenrealgymnasium, über die ich lieber schweige. Prüfungsangst löst bei mir ein Selbstverletzendes Verhalten (SVV) aus (ich fühle den Zwang mich beim Rasieren in Knie und Ellbogen zu schneiden). In der letzten Klasse kurz vorm Abi/Matura geht es dann Schlag auf Schlag:

August 98, ich sterbe nicht, aber ich erkranke vor meinem 18. Geburtstag an Multipler Sklerose und verliere mich immer mehr in Depressionen. Dennoch entdecke ich meine Leidenschaft für Ausdauersportarten; Kampf gegen den drohenden Verfall? Ob Laufen, Skaten oder LanglaufSchiheil, ES MUSS BURNEN !!!!! :o)

September 1998 lerne ich meinen Sebastian total zufällig in einem Chat kennen. Wir chatten jeden Abend bis er es ungewollt geschafft hat, dass aus der männerhassenden Hexenemanze  ein verliebtes, schnurrendes Kätzchen wird. Nach drei Monaten kommt es dann zum ersten Treffen... und so geht es dann hin und her, einmal ich nach Deutschland an die Ostsee zu meinem Schatz, dann er wieder nach Österreich zu mir.... In Relation zu der Größe unserer Liebe waren die 1000km ein Katzensprung..

Februar 99, ich darf mich nun voller Stolz Bulimiker schimpfen..

Frühjahr 99 breche ich dann kurz vor der Matura die Schule endgültig ab. Ich schaffe es einfach nicht mehr und der Gedanke an die Matura ist ohnehin schon seit langem mit Suizidgedanken eng verbunden. Ich darf einen Kurzausflug in die "Klappse" machen.

Ende Dezember 99 ziehe ich nach Deutschland zu meinem Liebsten... ENDLICH VEREINT!!! Kolga wird vor meinem Umzug verkauft und fieserweise werde ich nicht verständigt und stehe am nächsten Tag vor der leeren Koppel. Unsre Wohnung war eine schimmlige Sache für sich; aber wir waren glücklich, denn sie war UNSER erstes Heim!

Sommer 2000  ziehen wir nach Österreich zu meinen Eltern.  Sebastian bekommt hier einen Job als Programmierer.

Ich beginne extrem Sport zu treiben und die Bulimie wird zum Lebensinhalt, die Klinge mein einziger Freund... Ich verliere 16kg in kürzester Zeit. . Ab jetzt lauf ich täglich meine Kilometer.

2001, Ich beginne meine ambulante Psychotherapie. Diagnose: Persönlichkeitsstörung und Angststörung... Wohl aber auch Borderline Syndrom...

2002, Nach einem Jahr Therapie folgt eine lange, kotzfreie Phase, aber auch stress- und schubreich, denn im Sommer beginnen wir mit unsrem Hausbau. Ende des Jahres muss ich mit einer Chemotherapie beginnen und hab meine erste Ausstellung im Jugendzentrum in Wismar. Kurz darauf stirbt meine zweite Oma. Es ist kein trauriger Abschied, was mich viel über den Tod an sich lehrt...

August 2003 ziehen wir endlich nach Wochen der Schinderei in unser Haus ein. Es kommt zu einem erneuten Rückfall in die Bulimie, 5 Kilo in 10 Tagen. Eine ausgeprägte Todessehnsucht ergreift von mir Besitz.

Ende 2004 ist das Hausbaudrama endlich vollends beendet, bis auf einige Ecken im Haus, die einfach nicht gemacht werden wollen. Ich bekomme auch einen kleinen Job als "Bürohilfskraft" = "Tippse für alles" in der selben Firma wie mein Götterschatz.

Mai 2005 kommt das Kortison und die Chemo endlich zu allen Ehren: Meine beiden Arm-Hauptvenen sind zu -Thrombose! Zudem trete ich endlich aus der katholischen Kirche aus. Und ich komme zu einem neuen Schluss am Ende eines langen, leidvollen Weges: Ich will nicht mehr sterben, ich will leben! Die Depressionen scheinen ein ertragbares Niveau zu erreichen.

Oktober 2005, wir versammeln halb Deutschland, Österreich, Ungarn und sogar Lettland in unsrem Haus um unseren "50er" gebührend zu zelebrieren! (zumal auf dem Foto noch die zwei Drittel der Gesellschaft fehlen)

22. Januar 2006, Wie's aussieht sind "wir" schwanger :o)

 15.Januar 2006 - 6.März 2006, die erste Schwangerschaft wird zum Alptraum: Eine verhaltene Fehlgeburt, ich übergebe unser "Kleines" den Sternen....

Nach der Fehlgeburt krache ich endgültig zusammen und beginne eine neue Psychotherapie im Sommer 2007.
 

16. Januar 2007, Neues Leben bezieht das Drei Eichen Domizil. Fine, liebevoll Finchen, genannt zur Linken, und Martha, ihres Zeichens Kuhkatze, zur Rechten.

23. Oktober 2007, Klaus und Nils ziehen ein und sollten eigentlich Edith und Gudrun heißen (Schwiegermutterziegen)

Ein paar Wochen später ziehen die Ziegen wieder aus. Sie wurden einfach zu viel.

Seit der Fehlgeburt erreicht die Floskel "Es geht mir nicht gut!" eine neue Qualität: 3 "kleine" Überdosen mit Antidepressiva folgen.

Ab dem 14. April 2008 habe ich eine Stelle bei Vamos. Ein 6 Monate dauerndes Projekt, bei dem ich auf 20 Stunden Basis im Büro rumwusel um der einstürzenden Decke zu Hause zu entfliehen.

2009
Ich darf bleiben und agiere ehrenamtlich dreimal die Woche für 2 Stunden als U-Boot bei Vamos.

2011
Ich werde bei Vamos wieder geringfügig auf 4h/Woche -Basis eingestellt.

25. Juni 2011, Vor über 4 Monaten eine Streßfraktur im Fuß zugezogen. Erst ein massiver Rückfall ins selbstverletzende Verhalten, dann endlich eine Kombitherapie für meine Borderline-Störung, Rückfall in die Bulimie, um anschließend in der Anorexie zu landen. Mal was "Neues" ausprobieren... Die Laufversuche sind desastiös...

2012
Mich Schritt für Schritt zurück ins Leben kämpfen...


 

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