Innenleben einer Depression
 

Die Stille ist da, diese unendliche Stille. Zähflüssig und schwer wälzt sie sich über die Äcker, rollt über mich hinweg und hinterlässt ein dumpfes Grau. Mein Nacken schmerzt, der Blick fällt zu Boden, und bleibt dort an einem verwelkten Blatt hängen, wie an einer unüberwindbaren Hürde. Die Stille ist schwer und feucht-kalt. Die Stille macht beugsam. Sie drückt mich nach unten bis ich den Tod sehen kann. Immer näher komme ich ihm und kann ihn spüren.

„Du machst mir Angst und tust mir weh...“

Er grinst mich an.

In seinen Augen sehe ich Bilder wie durch ein Fenster. Bilder, die mich in Panik versetzen und einen unerträglichen Schmerz in mir erwecken.

„Verschwinde!! Hau ab!!!“, und ich drücke und schlage und würge.

Er kommt mir näher, je vehementer ich versuche ihn von mir zu stoßen. Die Bilder werden immer größer, der Schmerz wird zu tausenden und er lacht, dass mein Trommelfell bebt. Schreiend breche ich zusammen, sinke auf den feuchten Boden des Feldweges und halte mir die Augen zu.

 

Als ich die von Tränen verklebten und geschwollenen Augen wieder öffne, ist das Grau in ein Schwarz übergegangen. Ein sumpfiges Schwarz, ohne Anfang und ohne Ende. Ich kenne den Weg, doch die Unsicherheit siegt. Ich verharre im Nichts. Bin ich noch da?

Ich erhebe mein Haupt und lasse meine Augen dorthin wandern, wo einst der Himmel war. Schwarze Suppe, sonst nichts. Das Licht ist erloschen und lässt mich zurück. Die Stille schmerzt in den Ohren, so rufe ich in das Nichts hinaus um das Schweigen zu durchbrechen. Die Antwort bleibt die selbe. Schritt um Schritt kämpfe ich mich vorwärts, wo mein Verstand mich hinzieht. Selbst das Knirschen des Grases unter meinen Füßen verliert sich in der Stille, genauso wie mein Atem.

 

Es wird seltsam warm und etwas Kaltes lässt sich auf meiner Wange nieder um dort zu vergehen. Es schneit. Erst zögerlich, doch dann mit Überzeugung und dem Willen, das Schwarz zu verdrängen. Ich bin allein, es macht mich traurig, die Angst hab ich aus mir rausgeheult. Kein Gedanke durchwandert meine Gehirnwindungen. Ich denke nicht mehr, ich kann nur noch fühlen. Trauer und eine milchige Leere die mich auszufüllen beginnt. Der Wille, durch das Dunkel zu waten, um irgendwann irgendwo anzukommen, schwindet mit jedem Schritt. Was zieht mich dorthin, was wartet dort auf mich? Ob ich dem Tod hier gegenübertreten muss oder anderswo, wo er genährt durch all die Leben, die mir etwas bedeuten, ein noch grausameres und schallenderes Gelächter ertönen lässt, scheint plötzlich eine Antwort zu erhalten. So bleibe ich stecken in dem schwarzen Morast und liefere mich der Dunkelheit aus, damit sie das vollendet, was die Stille begonnen hat.

zurück