19. Juni 2008, Katzen kennen keine Gnade -armes Rotkehlchen
19. Juni 2008, Donnerstagmorgen
Abends gab es dann wieder ein Rehkonzert, was unglaublich nervig war, eine
wändeerschleichende Erdkröte, ein Glühwürmchen und ein von den Katzen zerlegtes
Küken. Uns blutete das Herz, aber was tun? Den kleinen Piepmatz zurück in die
Wiese, den Katzen überlassen oder erschlagen? „Der Tod wird es sich holen…“, und
ich setzte das zerbombte Federknäuel in den Sanitätskäfig. Und wer hätte das
gedacht? Trotz schwerster Verletzungen sitzt er heute immer noch da und sieht
mich mit seinen riesigen Glubschaugen an. Hm, und was nun? In Vogelaufzucht bin
ich nicht sonderlich bis eigentlich gar nicht bewandt. Dass er noch lebt,
erstaunt mich in Anbetracht der Verwundungen sehr. Hm… Vor der Arbeit noch ein
Insekt fangen?
Nachmittag
Piepsen kann er, rumflattern kann er und auf einem Beinchen auf der Stange
balancieren. Aber den Schnabel aufreißen und fressen? Eine stundenlange
Prozedur. Stirbt er noch oder überlebt er doch? Und dann? Ein Leben in Freiheit
scheint so unmöglich. Und mein Karma wurde beschmutzt, als ich eine fröhlich des
Wegs krabbelnde Ameise killte, die das kleine Rotkehlchen dann doch nicht fraß.
AHHH, ich bin ein Mörder!!!
20. Juni, Freitag 5:45
Nachdem ich den kleinen spätnachmittags
endlich dazu bringen konnte, etwas zu fressen, begann sein Sterben. Am Schluss
hielt ich ihn in der Hand als er sich krümmte und die Augen verdrehte. Immer
wieder war das Leben stärker und er versuchte sich aufzuraffen, doch am Ende ein
tiefer Seufzer, als würde er sein kleines Leben aushauchen und um Punkt 7 Uhr
hatte er es endlich geschafft. Und ich erinnerte mich an das kleine Amselküken,
das in meinen Händen starb als ich noch ganz klein war. Da war niemand, der mir
den Tod erklärte, niemand der mich auffing. Mit voller Wucht erschlagen von
diesem Erlebnis und für mein weiteres Leben geprägt. Ich scheine wirklich den
Tod zu bringen…